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„Wir haben unsere Werte um ‚Liebe‘ erweitert“

Heiner Raschhofer will mit seinen Gastronomiebetrieben zu Lieblingsplätzen für seine Mitarbeitenden werden. Wie seine Vision von guter Führung aussieht, warum er Führung demokratisieren möchte und welche Aufgabe dabei der Digitalisierung zukommt, erzählt der Gründer der Soulkitchen Gruppe im Gespräch mit elevatr.

Heiner Raschhofer hat 1995 den Grundstein für die Soulkitchen-Gruppe gelegt. Heute zählt das Unternehmen fast 500 Mitarbeitende an 22 Standorten. Jeder einzelne Standort soll für die Mitarbeitenden zu einem Lieblingsplatz voller Energie und Lebensfreude werden. (Foto: Soulkitchen Gruppe)

My Indigo, The Naked Indigo, Glorious Bastards, Raschhofer’s Rossbäu, Szene Lokal: Unter dem Dach der Soulkitchen Gruppe führt Heiner Raschhofer fünf Konzepte an 22 Standorten mit fast 500 Mitarbeitenden und einem hohen Digitalisierungsgrad. Wichtig ist ihm, sich ständig weiterzuentwickeln. Als Unternehmen, aber auch als Menschen. Der Gastronom hat den Anspruch, dass alle Mitarbeitenden sagen können, sich bei der Soulkitchen Gruppe entwickelt zu haben. Zu guter Letzt steht der Profit. Die wirtschaftliche Gesundheit ist für den Gastronom die Basis.

 

elevatr: Herr Raschhofer, innerhalb der Gastronomie könnte man Sie als „Digital Leader“ bezeichnen. Wie weit ist die Digitalisierung bei Ihnen denn konkret fortgeschritten?

Heiner Raschhofer: Bei uns sind alle Prozesse im Hintergrund durchgängig digitalisiert, alles ist über Schnittstellen miteinander verknüpft. Seit einem Jahr sind wir auch cashless. Das hilft uns bei der Erfassung unserer Kennzahlen, mit denen wir die Unternehmen und die einzelnen Betriebe steuern.

Das heißt konkret…?

Wir haben eine eigene Software namens „my Cockpit" entwickelt, die aus verschiedenen Datenquellen tagesaktuell die relevanten Informationen zusammenführt. Der entscheidende Vorteil ist, dass wir die Daten zeitnah zur Verfügung stellen können, sodass die Mitarbeitenden daraus ihre Schlüsse ziehen und dementsprechend handeln können. Wir stellen die Kennzahlen angepasst an den jeweiligen Wissenstand der Mitarbeitenden auch stark vereinfacht zur Verfügung, nicht als Excel-Tabellen, sondern in Form von leicht verständlichen Grafiken, damit die Zahlen auch ohne Betriebswirtschaftsstudium lesbar und verständlich sind. Mit my Cockpit ist bei uns im Unternehmen eine zweite Ebene der Wissensvermittlung entstanden, die fast ein wenig informell ist. Das funktioniert sehr gut.

Sie haben erwähnt, dass Sie in den Betrieben das bargeldlose Bezahlen zum Standard erhoben haben. Wie war die Umstellung, wie haben die Mitarbeitenden und Gäste reagiert?  

Ich habe mich mit dem Gedanken schon länger getragen. Dann kam Corona und wir hatten mit Hygieneanforderungen ein weiteres Argument für die Abschaffung der Barzahlung. Es wurde schon kritisch beäugt, mittlerweile ist die bargeldlose Zahlung aber auf breiter Basis voll akzeptiert. Die Gäste hatten am wenigsten Probleme damit. Man muss es wirklich schon am Eingang des Restaurants kommunizieren, es muss klar und sichtbar sein, damit der Kunde beim Zahlen keine Überraschung erlebt. Für absolute Verweigerer haben wir einen Notausgang, eine Kasse am Eingang. Dort kann man bar zahlen oder sich eine Gutenhabenkarte aufladen lassen. Mittlerweile sind wir aber bei 98,8 Prozent bargeldloser Zahlung.

Gab es Aha-Effekte?

Interessanterweise hatten wir einige Monate nach der Umstellung einen politisch motivierten Shitstorm auf Facebook. Der Post über unsere Abschaffung der Barzahlung war die meistkommentierte Meldung auf einer News-Plattform im gesamten Jahr! Es gab 1.000 Kommentare, die zu 95 Prozent negativ waren. Aufs Geschäft ausgewirkt hat es sich nicht. Aber es hat im ersten Moment schon etwas verunsichert.

Für uns ist es jetzt auch spannend zu sehen, wieviel Trinkgeld wirklich „gemacht“ wird. Das ist deutlich mehr als wir dachten. Das sind Dimensionen, die uns als Argument im Recruiting helfen: Wenn du gut im Service bist, kannst du on top „Summe x“ an Trinkgeld erzielen.  

„Wir wollen Führung demokratisieren.“
Heiner Raschhofer

Erhöht die starke Transparenz auch die Bindung ans Unternehmen? Ein Mitarbeitender, der sich gut informiert fühlt, kann sich auch stärker identifizieren.

Es braucht dazu die entsprechende Firmenkultur. Wenn es die nicht gibt, würde ich von Transparenz allein abraten. Wir haben ein klares Ziel: Die Demokratisierung der Führung. Wir möchten nicht, dass eine Einzelperson Befehle erteilt und alle anderen tun, was befohlen wird, sondern dass wir gemeinsam entscheiden und handeln. Bindung ans Unternehmen entsteht vor allem durch Sinnhaftigkeit. Die Mitarbeitenden sehen bei uns, dass ihre Handlung direkte Auswirkungen hat.

Sie haben 1995 den Grundstein für die Soulkitchen Gruppe gelegt und damit auch für eine große Erfolgsstory. Was sind die wichtigsten Komponenten dieses Erfolgs?

Ich glaube, ein wichtiger Teil ist unsere Vision und Mission. Das nehmen wir sehr ernst und leben das auch. Wir schaffen Lieblingsplätze voller Energie und Lebensfreude. Das müssen wir also auch für die Mitarbeitenden sein, dieser Lieblingsplatz, ein Ort, an dem sie gerne sind, gerne arbeiten. Da kommt die Kultur ins Spiel, die Führung, das Mitbestimmen, die Transparenz.

Die Führung ist das Wichtigste: Mitarbeitende bleiben oder kündigen wegen der Führungskraft. Hier kommt unsere eigene Akademie ins Spiel, die nicht nur fachlich weiterbildet, sondern ein qualitativ hochwertiges Leadership Training anbietet. Wir haben unsere Werte kürzlich um „Liebe“ erweitert. Dabei geht es um die Frage, ob das, was ich tue, mit Liebe gemacht wird. Ob es die Deko ist, der Umgang mit den Mitarbeitenden, mit den Gästen, mit Ressourcen. Wenn ich etwas liebevoll mache, dann mache ich es ganz anders, besser.

„Bindung entsteht durch Sinnhaftigkeit.“
Heiner Raschhofer

Wohin möchten Sie sich und das Unternehmen noch entwickeln?

Wir haben kein Ziel im Sinne von konkreten Expansionsplänen. Denn dadurch entsteht Stress und Druck und dann ist es mit der Fülle ganz schnell vorbei. Insofern machen wir unseren Job jetzt gut, jeden Tag ein wenig besser und entwickeln uns weiter. Indem wir das tun, verdienen wir Geld, sind ein begehrter Mieter, sind ein beliebter Arbeitgeber, finden die richtigen Standorte und wachsen.

Ihr Sohn ist nun mit einem vegan-vegetarischen Konzept namens The Naked Indigo in die Soulkitchen Gruppe eingestiegen. Hatten Sie diesen Wunsch? Sie selbst ja damals nicht in einen der beiden Hotelbetriebe Ihrer Eltern gegangen.

Für mich ist es am wichtigsten, dass meine Söhne das tun, was sie gerne machen. Keine Erwartungshaltung. Bei einem Coaching kam heraus, dass sich mein älterer Sohn wünscht, dass ich ihn frage, ob er in die Gruppe kommen möchte. Was mich sehr gefreut hat. Nun hat er mit Naked Indigo – Naked das steht für No Animals Killed, Energizing Dishes ony – ein spannendes Konzept gegründet: Für Menschen, die sich bewusst ernähren.

Wird der eigene Sohn zu einer Inspirationsquelle für Sie?

Absolut. Die jüngeren Generationen machen viele Sachen ganz anders. Das ist prima. Wir experimentieren zum Beispiel gerade mit Order-Terminals und gehen der Frage nach, wie viel wir unseren Gästen an neuen Prozessen zumuten können.

Anja Eigen

Lieblingsplätze sollen die Restaurants der Soulkitchen Gruppe vor allem auch für die Mitarbeitenden sein. Deshalb kommt es auch auf die liebevolle Gestaltung des Interiors an, so etwa in den Glorious Bastards- oder den My Indigo-Restaurants. (Fotos: Soulkitchen Gruppe)