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Work in Progress

Erik Florvaag begleitet als CEO und Managing Partner der The Chocolate on the Pillow Group das Debüt der Ennismore-Brands Tribe (Opening vergangene Woche) und Hoxton in Deutschland. Ein Talk über das Anfangen und Beenden – und das Zwischendrin.

Erik Florvaag, CEO The Chocolate on the Pillow Group

Erik Florvaag – das Foto zeigt ihn 2023 in der damals noch im Bau befindlichen Lobby des Tribe Baden-Baden, das zwischenzeitlich eröffnet hat – ist CEO und Managing Partner der The Chocolate on the Pillow Group, Multibrand-Hoteloperator und Beteiligung des Immobilieninvestors und Projektentwicklers Art-Invest Real Estate. Der 38-Jährige hat unter anderem in London seinen Master of Business Administration sowie Real Estate Management absolviert und wohnt mit seiner Familie im Sauerland. (Foto: Patrick vom Berg für elevatr)

elevatr: Erik Florvaag, die The Chocolate on the Pillow Group ist als eine Beteiligung des Projektentwicklers Art-Invest Real Estate Betreiber des ersten Tribe Hotels in Baden-Baden (bereits eröffnet) und wird Betreiber eines der ersten Hoxton-Häuser hierzulande in Hamburg (geplantes Opening 2026). Was ist dir lieber: anfangen oder beenden?

Erik Florvaag: Das eine schließt das andere nicht aus, man muss beides können. Ich bin ein Mensch, der viele Ideen und Impulse hat, aber auch sehr strukturiert ist und manchmal zu Perfektionismus neigt. Daher ist es enorm wichtig – und das habe ich in den vergangenen Jahren gemerkt, auch oft schwierig – Dinge zu Ende zu bringen, um überhaupt wieder neue Projekte anfangen zu können. Was aber immer gilt, ist: Einführen ist noch lange nicht implementieren – egal, ob es ein Software Tool ist oder ein neues Projekt.

Als First Mover mit den Projekten Tribe und Hoxton – beides Brands des Accor & Ennismore-Joint Ventures –, wo siehst du Chancen und Herausforderungen?

Die Herausforderung ist, ein noch unbekanntes Produkt bekannt zu machen, Vertrauen in die Brand zu generieren und alles zum Laufen zu kriegen. Bei beiden Projekten sind Lage und Produktqualität aber so gut, dass es kein großes Risiko gibt.

Was war dein kompliziertestes Lieblings-Projekt bisher?

Das Moxy Köln-Bonn Airport war mein Gesellenstück auf der Real Estate-Seite. Es gab ein Vergabeverfahren für ein Erbbaurechtsgrundstück vom Flughafen Köln-Bonn. Wir haben uns damals mit Art-Invest durchgesetzt als Owner-Operator, Developer und Long Term Holder – die eierlegende Wollmilchsau sozusagen. Kern war die Hammer-Architektur. Ich erinnere mich noch, wie ich vor dem unbebauten Grundstück stand und gesagt habe: Wir müssen das Ding auf den Kopf stellen. Das haben wir dann auch gemacht, die Immobilie einmal umgedreht. Am Ende standen wir dann auf der riesigen Dachterrasse mit einem unfassbaren Blick über das gesamte Flughafenareal – ein sehr erfüllendes Gefühl, mit einem großen beseelten Team solch ein Projekt fertigzustellen und als Hotel zu eröffnen.

Was braucht es dafür?

Durchhalten, einen langen Atem. Terrier sein. Niemals aufgeben.

Also geht Ausdauer im Mindset für dich über das viel beworbene Open Mindset?

Es braucht beides. In unserem Job muss man Trüffelschwein sein. Wenn man kein Open Mindset hat, ist man kein Trüffelschwein – und wenn man kein Trüffelschwein ist, hat man nicht den richtigen Riecher für neue Ideen und Geschäftsmodelle, dann sieht man keine neuen Opportunitäten.

Stell uns eure neusten „Trüffel“ vor: Was haben die Brands Tribe und Hoxton gemeinsam und was unterscheidet sie?

Beide Produkte haben einen hohen Designanspruch – unterschiedlich sind die beiden Brands aber, was Flächen und vor allem das F&B-Exposure angeht. Tribe ist deutlich leaner als Hoxton. Gerade das Hotel in Baden-Baden ist sehr kompakt, hat kaum öffentliche Bereiche, kaum F&B; es ist ein Limited Service Haus. Allerdings: Die Dinge, die angeboten werden – wie etwa das Zimmerprodukt oder der Kaffee – sind von höchster Qualität.

Hoxton hat dagegen einen anderen Fokus: Das ist für mich eine Highend-Gastronomie mit Hotelzimmern statt andersherum. Man kommt im Restaurant- und Barbereich an und merkt erstmal nicht, dass man überhaupt in einem Hotel ist. Auch die Klientel ist extrem spannend, das habe ich im Hoxton Paris beobachtet: Da gibt es einen wahnsinnigen Durchlauf einer sehr heterogenen Gruppe von Menschen über den Tag verteilt; morgens sieht man vielleicht Mütter mit ihren Kindern, später wie ein Vorstellungsgespräch geführt wird, Menschen in Businesskleidung und andere ganz leger.

Wieso glaubt ihr, dass dieses Konzept auch in Hamburg funktioniert?

In Hamburg gibt es noch kein vergleichbares Produkt. Das Inhouse-Gastrostudio von Ennismore, Carte Blanched, wird das F&B-Konzept entwickeln. Meist suchen sie sich lokale Gastronomen, die die Idee dann bespielen. Im Hoxton wird außerdem eine Rooftop Bar entstehen – direkt neben dem Rathaus mit Blick auf die Binnenalster und die Elphi im Hintergrund – das ist einmalig.

Ein Slogan von Hoxton ist „A home away from home”. Was bedeutet das für dich?

Dass man sich wohl und geborgen fühlt – ein Hotel, das Seele hat.

Wie bringt ihr die britische Hoxton-Seele als deutscher Betreiber auf den hiesigen Markt?

Da es in diesem Fall kein Franchise-Projekt ist, ist Hoxton als Manager mit im Boot. lch glaube auch, das Konzept ist nicht besonders britisch. Hier ist Heimat eher eine Haltungs- und Kulturfrage. Wir müssen menschenzentriert arbeiten; nicht die Digitalisierung in den Fokus stellen, sondern diese um den Menschen herumbauen, um Letzteren zu entlasten und zu befähigen, sich um die Gäste zu kümmern. Am Ende ist es ein Lächeln, Humor, ein „Guten Morgen“, ein „Danke“, was bleibt. 

Und wie passt das Tribe nach Baden-Baden?

Auf der Karte ist es extrem günstig zur Innenstadt gelegen. Am Markt füllt das Tribe eine Lücke zwischen den Fünfsterne-Superiorhotels. Ansprechen wollen wir jüngeres, zahlungskräftiges, design- und lifestyleorientiertes Publikum. Es ist außerdem das erste Haus, das über Accor-Distributionssysteme läuft, vor Ort gibt es bisher noch keinen anderen Accor-Betrieb.

Wo seht ihr euch als Hotelbetreiber in der Partnerschaft mit Accor im Joint Venture mit Ennismore?

Faktisch: Wir haben beispielsweise für Hamburg ein Joint Venture mit Accor Hotels Deutschland gegründet. Dieses hat wiederum einen Managementvertrag mit Ennismore geschlossen. Synergetisch: Natürlich schafft die Beteiligung von Accor eine gewisse Interessens-Kongruenz. Dadurch, dass wir Accor in der Betriebsgesellschaft haben, tragen sie auch ein gewisses Risiko und sind daran interessiert, dass die Hotels operativ gut laufen. Für uns sehen wir die Rolle aufgrund unserer zentralen Strukturen und unseres Sitzes in Deutschland darin, dass wir gegenüber dem Eigentümer ein gutes Controlling vor Ort leisten können. Dass wir unterstützen können, wenn es um HR-Themen geht, gewisse Stellen intern abzudecken und dergleichen. Wir werden das Hotel dadurch effizienter fahren können.

Was sind für dich persönlich Faktoren und Werte für erfolgreiche Zusammenarbeit?

Vertrauen, Ehrlichkeit und Handschlagmentalität.

Gibt es schon „Handschläge“ für weitere Debüts von Accor- und Ennismore-Brands auf dem deutschen Markt?

Wir arbeiten sehr eng mit Accor zusammen und das Joint Venture ist kein One-Hit-Wonder, sondern die Initialzündung für eine strategische Partnerschaft mit Fokus auf die DACH-Region.

Interview: Verena Usleber (Auszug, Original sh. elevatrEdition 4, April 2023)